Zuerst kommen die Banner. Nicht ein oder zwei, nein. Zehn, zwanzig, … Mehr als hundert Banner der Diözesanverbände und einzelner Kolpingsfamilien ziehen durch die Gänge zwischen den Stuhlreihen des Tanzbrunnens am Kölner Rheinufer. Ein stetiger Fluss von Schwarz und Orange zum Klang des Kolping-Fanfarenzugs Zwiefalten, strahlend in der Nachmittagssonne – ein beeindruckendes Bild dafür, was an diesem Wochenende gefeiert wird: 175 Jahre Kolpingwerk Deutschland.
Gänsehaut bis obenhin
“Gänsehaut, ich habe echt Gänsehaut”, begeistert sich Stephan Küppers von der Kolpingsfamilie Mülheim-Zentral-Heimaterde. Er ist seit 33 Jahren dabei, war schon 2000 Bannerträger in der Köln-Arena, aber bei dem Anblick ist er immer noch ergriffen. Das dürfte den anderen Besucher*innen der Eröffnungsfeier unabhängig von Alter oder Länge der Zugehörigkeit kaum anders gehen. Und es sind viele: Insgesamt rund 7.000 Mitglieder, Mitarbeitende und Gäste sind aus dem gesamten Bundesgebiet und sogar darüber hinaus an diesem Wochenende in Köln zusammengekommen, um das Jubiläum des Verbandes angemessen zu feiern.
Bei dem Fest sollte es keinesfalls nur um das Vergangene gehen:

Nach vorne, in der Tat – dabei richtete sich der Blick der Menschen im Tanzbrunnen aber nicht nur metaphorisch, sondern ganz wortwörtlich nach vorne auf die Bühne. Dort führten die Moderatorin Yvonne Willicks – Kolpingmitglied seit 2015 – und der Entertainer Guido Cantz – noch kein Kolpingmitglied, aber wir arbeiten daran! – für den Rest des Abends durch ein buntes Programm.
“Wir wollen gemeinsam feiern und zusammen sein, und das schätze ich an den Kolpingern sehr”, so Yvonne Willicks. Zu erleben gab es Kleinkunst, Tanz, Musik, Slam-Poetry und mehr. Alles mit enorm viel Herzblut von Kolpingmitgliedern auf die Beine gestellt, ganz unter dem Motto "schwarz –orange – bunt".

Zum Ende der Eröffnungsfeier sorgte Jo Jasper dann noch einmal für einen Gänsehaut-Moment, als er, sich selbst mit einem E-Piano begleitend, seine Hymne “Wir sind Kolping” anstimmte – und alle sangen mit: Tausende Stimmen, voll Gefühl und textsicher – als hätten sie es vorher geprobt. Selbst Guido Cantz wirkte überrascht: Für ihn war KOLPING damit "der katholischste Flashmob der Welt". Für einen besinnlichen Abschluss des Tages sorgten Maria Adams, die Geistliche Leiterin des Kolpingwerkes, und der Bundesfachausschuss Kirche mitgestalten mit einem Abendsegen, bei dem Tausende von Kerzen den Kölner Tanzbrunnen in ein stimmungsvolles Lichtermeer verwandelten.
Orange Table
Der folgende Samstag war weiter ganz der Idee von Gemeinschaft gewidmet. Der Orange Table – Bierzeltgarnituren in KOLPING-Orange – präsentierte in der Kölner Innenstadt die Vielfalt und den Facettenreichtum des Verbandes. Über einen knappen Kilometer hinweg standen die insgesamt rund 200 Tische aneinandergereiht: vom Stand der Spendenkampagne ZukunftsFest am Willy-Millowitsch-Platz bis hin zum Kolpingwerk Bezirksverband Nordsee direkt am Kolpingplatz. Dazwischen die bunte KOLPING-Welt in allen ihren Formen: die Kolpingjugend, die Familienferienstätten, der Verband der Kolpinghäuser, die Kolping Hochschule, einzelne Bildungswerke, KOLPING INTERNATIONAL sowie unzählige Diözesanverbände und Kolpingsfamilien… Ein Durchkommen war bei dieser Vielfalt zeitweise nur noch im Schneckentempo möglich. Tausende Menschen flanierten die “Kolping-Meile” entlang, schauten, guckten, quatschten, machten, taten. Kolpingmitglieder, die sich lange nicht mehr gesehen hatten, begrüßten sich überschwänglich, neue Bekanntschaften wurden geschlossen. Passanten blieben stehen und waren teils verwundert (von dem vielen Orange), teils begeistert (von den vielen Angeboten), Kinder ließen sich schminken, tanzten oder bastelten. Egal, wohin der Blick fiel, überall passierte etwas und die Stimmung war großartig. Ein riesiges, offenes Straßenfest – und eines, bei dem wirklich jede*r mitmachte.
KOLPING historisch
Dass der Orange Table entlang genau dieser Achse durch die Kölner Innenstadt verlief, war übrigens kein Zufall. In der Breite Straße stand nämlich das Gesellenhaus, das Adolph Kolping im Jahre 1852 für den Kölner Gesellenverein eröffnete – und das damit einen wichtigen Grundstein für das weitere Vereinsleben darstellte. Ein anderer, wichtiger historischer Ort befindet sich am anderen Ende des Orange Table: Die Minoritenkirche, nur einen Steinwurf vom Kölner Dom entfernt. Adolph Kolping wurde dort am 13. April 1845 zum Priester geweiht und 1862 zum Rektor der Kirche ernannt. Diese Tradition lebt bis heute: Jeder Generalpräses wird zum Rektor der Minoritenkirche ernannt. Sie ist auch die Grabeskirche unseres Verbandsgründers, die jährlich von tausenden Pilger*innen besucht wird – darunter sogar Papst Johannes Paul II.
Adolph Kolping wurde selbstverständlich in großer Dankbarkeit gedacht – und nicht nur in Stille. So führte die Kolpingsfamilie Bad Homburg- Kirdorf in der Minoritenkirche ein Kinder-Musical über das Leben Adolph Kolpings auf, bei dem Kinder zwischen vier und dreizehn Jahren mitspielten und -sangen.
Kunst, Kultur, krachen lassen
Kultur gab es derweil auch auf der Orange-Table-Bühne vor der Minoritenkirche, direkt auf dem Kolpingplatz mit seiner namensgebenden Statue. Moderiert von Isabell Bea-John und Sven-Marco Meng gab es eine Mischung aus Themen-Talks, Kunst und Musik. So konnte das interessierte Publikum beispielsweise einem Austausch zum Thema “KOLPING bewegt – über Generationen hinweg” beiwohnen, Gesprächen zum lebenslangen Lernen oder Engagement für die Ukraine folgen, oder einem Interview mit dem Ex-Frontmann der Kölner Band Höhner Henning Krautmacher beiwohnen, der die Aktion “Kolping-Plätzchen” und sein im Herbst erscheinendes Buch vorstellte.
Zwischen den Redeanteilen wurde es immer wieder bunt, mit Stand-Up-Comedy, Poetry-Slam, einem Showballett, Soul-Power mit Gitarre, einem Ukrainischer Chor … Für Abwechslung war gesorgt. An ein junges Publikum, aber nicht nur, richteten sich dann noch die vier Jungs der Kinderrockband Pelemele. Die Heimatgewächse aus Köln ließen es mit Gitarre, Bass, Keyboards und Schlagzeug
krachen und sorgten für gute Laune bei Groß und Klein. Da konnte auch ein Wolkenbruch kurz nach der letzten Note die Stimmung nicht trüben. “Das Tolle bei solchen Veranstaltungen ist, gerade bei KOLPING, dass viele Menschen, die keine Kinder mehr sind, auch dabeibleiben und das an sich ranlassen. Dieses offene Herz, das ist wichtig”, so Picco Fröhlich, Sänger von Pelemele nach dem Konzert.
Festakt für 175 Jahre

Am frühen Samstagabend ging es dann zurück zum Tanzbrunnen. Der große Festakt stand an, und schon ab dem Nachmittag strömten orangegekleidete Gruppen über die Rheinbrücken, um sich Plätze für die Veranstaltung zu sichern – der Abend sollte schließlich lang werden.
Der Festakt stand dabei wie das ganze Jubiläumswochenende voll im Zeichen von Gemeinschaft, Zusammenhalt und Demokratie. Das würdigte ausdrücklich auch Dr. Thadäus König, Landtagspräsident von Thüringen und Kolpingmitglied, auf der Bühne: “Wer die Demokratie stärken will, übernimmt Verantwortung für ein friedliches Miteinander und bringt sich in die Gemeinschaft ein”, sagte er. “KOLPING tut dies seit 175 Jahren. Aus der Gründungsidee, jungen Menschen in der Ausbildung Unterstützung und Unterkunft zukommen zu lassen, hat sich über die Jahre eine starke Gemeinschaft im katholischen Glauben entwickelt, die noch immer Menschen beim Berufsstart, in schwierigen Lebenssituationen oder beim Erwachsenwerden zur Seite steht. KOLPING ist Familie und Zuhause.”
Diese gesellschaftliche Relevanz von Solidarität und Engagement in der Zivilgesellschaft wurde auch in der Diskussionsrunde thematisiert, die von Carina Müller, Journalistin aus dem Diözesanverband Köln, und Bashir Basheer, Mitarbeiter des Kolping-Jugendwohnens in Frankfurt, moderiert wurde. Darin nahmen Dr. Thadäus König ebenso wie Ursula Groden-Kranich, Bundesvorsitzende des Kolpingwerkes Deutschland, Lisi Maier, Direktorin der Bundesstiftung Gleichstellung und Katharina Geitner, Bundesleitung der Kolpingjugend, zu diesem wichtigen Thema Stellung.
Alles Jode zum Jebotsdaach!
Als Überraschungsgast gratulierte dann auch noch Henning Krautmacher – gemeinsam mit den Auszubildenden Marc, Nurel und Michelle von der Konditorei Eigel, die eigens eine Kolping-Torte gebacken hatten. Er animierte das Publikum, dem Verband in schönstem Kölsch das Geburtstagsständchen “Alles Jode zum Jebotsdaach!” zu singen.
Die so aufgewärmten Stimmbänder und die entfachte Sangeslaune waren auch für den folgenden musikalischen Höhepunkt des Samstagabends unabdingbar: Guildo Horn lud mit seiner Band Die Orthopädischen Strümpfe zu einem Mitsingkonzert ohnegleichen ein. Der Meister war extra aus seinem Heimatort im Bergischen Land angerückt, um die Kolpinger*innen auf seine ganz eigene Art zusammenzubringen: mit der Macht der Musik. “Die Frage ist, was kannst Du machen, dass den Fliehkräften der Gesellschaft entgegenwirkt? Indem man zum Beispiel Konzerte spielt und zusammenkommt”, sagte er. “Ich will dem nicht so eine Riesenbedeutung beimessen, aber das ist schon ganz toll, wenn Leute, die sich überhaupt nicht kennen, auf einmal miteinander feiern, und dass man so ein gemeinschaftliches Gefühl kreiert.”
Mit dem Meister auf dem gelben Wagen
Ein Schlüssel dazu: Songs, die jeder kennt und mitsingen kann. Von Gassenhauern wie “Hoch auf dem gelben Wagen” über Hits wie “I Was Made For Lovin‘ You” von Kiss bis hin zu “Wer hat an der Uhr gedreht?” von Paulchen Panther hielt das Ensemble die Stimmung auf dem rhythmischen Siedepunkt – und das Publikum am Singen. Die Texte wurden dazu auf enormen Videowänden links und rechts der Bühne eingeblendet. Wer nach dem gut zweistündigen Konzert immer noch nicht genug hatte, konnte seiner Tanzfreude auf der Party im Theater am Tanzbrunnen freien Lauf lassen, die die Kolpingjugend für ihre Altersgruppe organisiert hatte. Es wurde aber auch manch älteres Mitglied gesichtet. Für die passende Musik dazu sorgte DJ Toni.
KOLPING treu!
Besinnlicher wurde es dann wieder beim Abschlussgottesdienst der Jubiläumsfeierlichkeiten am Sonntagvormittag. Generalpräses Monsignore Christoph Huber zelebrierte mit musikalischer Unterstützung durch das Gesangsquintett TonArt mit Band. Auch hier wurde der Schwerpunkt auf die gemeinschaftliche Kraft von KOLPING gelegt – darauf, wie sich jede*r auf seine Weise aktiv für die Gesellschaft einsetzen kann. “Unsere Geschichte ist Auftrag und Ermutigung zugleich”, fasst Ursula Groden-Kranich zusammen. "Wir wollen auch in Zukunft eine gestaltende Kraft in Kirche und Gesellschaft sein – getragen vom christlichen Menschenbild und der Überzeugung, dass jede*r Einzelne Verantwortung für das Ganze trägt."
Ein passendes Schlusswort für ein wunderbares Wochenende – und ein Ausblick darauf, wofür die nächsten 175 Jahre stehen können. In den Worten von Adolph Kolping selber: "Der Mensch muß sich mit anderen Menschen verbinden – sobald er etwas will, was einfach die Kräfte des Einzelnen überschreitet." Oder, einfach kurz: Treu Kolping!
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1 Kommentare
Artur Seidenstücker
am 28.05.2025Der Orange table, die Veranstaltungen rund um das Jubiläum und vor Allem abends Guildor Horn und seine orthopädischen Strümpfe haben den Tag unvergesslich machen lassen.
Viele Grüße aus Grevenbrück und Treu Kolping
Artur